DIES und DAS
2013
FLASHMOB DER NOTEN
Da hocken sie
In Dur und Moll
Wie Spatzen auf Ästen und Gezweig
Hängen und krallen
Wie Regentropfen am Zaun
Geduckt
Im Dickicht der Akkorde
Da harren sie
Manche schon Jahrhunderte
Reglos
Starr
In stummem Schweigen -
Doch erblicken sie den Taktstock
Erzaubert sich
Wie aus Geisterhand
Musik
ACH, BESCHEIDENHEIT, DU ...
... bist mir als Tugend
Die höchste die heiligste
Aber wo ich auch stehe
Wohin ich auch gehe
Und wie ich mich drehe
Bin gerade ich
Nun genau eben dieser Ich
Immer und überall
Schnittpunkt
Von Norden und Süden
Von Westen und Osten -
Also trotz aller Bescheidenheit
Doch Nabel der Welt
IRGENDWANN
MUSS ES GUT SEIN
Genug
Des Adrenalins
Des Perfektionistischen
Genug
Der ewigen Fragezeichen
Der Kleinkrämerei
Des Par force et Partout
Irgendwann muss es gut sein
Abgehakt Punkt
Unterschrieben
BESTENS
BURNOUT DER GUTGLÄUBIGKEIT
Ausgebrannt hat es
ausgebrannt ist es
das blinde Vertrauen -
denn an dem überhasteten
jäh voreiligen
IchLegFürDichDieHandInsFeuer
werde ich mir allemal
die Finger
nicht mehr verbrennen
TRADITIONEN
... sind Traditionen
Weil sie traditionnell
Seit jeher
Traditionen waren
Doch gehe hin
Wirf die Krusten des Antiquierten ab
Den Grünspan der Volkstümelei
Gehe hin
Style sie mit dem Look à la mode
Gib ihnen des Zeitgeistes Air und Kolorit
Nur so erhält das Herkömmliche
Seine Haltbarkeit
FRÜHER WAR ALLES BESSER
War auch alles höher,
Weil wir niedriger -
Alles dicker,
Weil wir dünner -
Alles spießiger
Weil wir 68-er
Früher dauerte die Zeit viel länger,
Sogar der Schnee war weißer
Und lag überaller
GEERDET
Wie Kinderdrachen
Quirlen
In der Morgenluft
Bunt und frei
Die Gedanken umher
Je nach Laune des Windes
Und hoch
In immer höhere Sphären
Mit der Thermik der Phantasie
Doch zum Glück
Hat mich mein Hund
An der Leine
GERÜCHTE
Kläffende Hunde
Laufen hinterher
Kläffen und keifen
Zetern und zerren
Gerüchte sind flinker
Allzeit voraus
Pflastern den Weg
Konspirativ und dämonisch
Wie Hydra und Sphinx
Hinterhältig zerstümmelnd
Wie Megaira, die Furie
Noch in stockfinsterner Finsternis
Werfen ihre Schatten
Noch Schatten in die Nacht
Und die Kläffer
Die keifenden die zerrenden
Sie schlafen schon lange
DISPUT
Ich bin die Frage
Du bist du Gegenfrage
Die Antwort steht in den Sternen
Ich bin die Rede
Du bist die Widerrede
Noch immer kein Land in Sicht
Ich bin das letzte Wort
Du bist das letzte Wort
Ich
Du
ICH
DU
ICH
DU
Heute Abend wird es spät Nacht
NUR EINMAL RUHETAG
einmal möchte ich abschalten die voll-
power-überholspur auf eis legen nicht nur
auf sparflamme oder standby nein stecker
raus am hamsterrad den anker werfen
einmal möchte ich abspannen mich am
straßenrand aussetzen terminplaner den
piranhas zum fraß vorwerfen einmal tote hose
im kopf rien-ne-va-plus auf dem display
einmal möchte ich abschalten den letzten
elfmeter verschießen ein zwei bier zapfen mich
in die hängematte legen unter mir die seele
baumeln lassen habe heute geschlossen
BIN DESAKTIVIERT
IM NAMEN DER GLAUBWÜRDIGKEIT
Bist du Frank Sinatra
Singe immer
Von New York, New York
Und seinen Strangers in the Night
Bist du Possenreißer
Halte nie
Eine Trauerrede am offenen Grab
Denn die Brille deiner Umwelt
Hat stets
Die gleichen Dioptrien
KOMM, KUMPEL
komm kumpel ziehen wir einmal noch
durch dick und dünn kumpel wie einst pech und
schwefel komm machen wir einen auf jungen
hecht auf den tollen reißen lady und ladies auf
komm kumpel setzen wir noch einmal alles
auf rot auf jungen hecht zwar liegt sie hoch die latte
für pech und schwefel doch wir haben sie ja selbst
die Latte haben wir selbst anno dazumal so hoch
gelegt reißen alle auf und alles auf rot
komm kumpel drehen wir noch einmal drehen
wir noch einmal ’ne runde durch die kneipen und
dick und dünn denn das letzte bier haben
wir schon oft getrunken
das letzte
doch das allerletzte
noch nie
KOMPETENZGERANGEL
Es sagte einst das Substantiv
Zum kleinkarierten Adjektiv:
Dich bräuchte man nicht
Würde ich nicht sein!
Nun wehrte sich das Adjektiv
Beim arroganten Subjektiv:
Und wenn du mich nicht hättest,
Wie sähest du denn aus?
Da wisperte das Tuwort
Kleinlaut: 'tschuldigung,
Nur einfach so,
Aber was tätet ihr beide
Überhaupt
Ohne mich?
LANGZEITGEDÄCHTNIS
In Erinnerungen verloren
Verliere ich mich
Sogar am helllichten Tag
Auf gerader Strecke
Ich suche nach mir
In Busch und Gebüsch
Doch kann niemanden finden –
Aber Hauptsache: alles Erlebte
Wurde noch einmal erlebt