BESINNLICH

 

HÖHENFLÜGE

 

so abgehoben, die da oben,

durch den aufwind

ihrer nadelstreifen-allüren,

durch den auftrieb

des renommierenden renommees

 

urwüchsigkeit im offline-modus,

kein netz mehr

zu hundepromenade, zu stammtisch –

zu dem waschechten,

dem greifbaren, dem so wahren

(Dezember 2016)

 

HOMO HOMINI LUPUS

 

 

seit jeher gab es sie,

die obskuranten im hinterbusch,

die taktiker im hinterzimmer,

köder gelegt & preise hochgetrieben

karten gezinkt & finten gesetzt

 

doch das schachbrett wird irrwitziger,

irrwitziger und verwirrwitzigter

mit den neuen templern des hochkarats,

der macht und anderer aktienkursen,

stetig auf streife, stetig auf pirsch

im revier zwischen größenwahn und wahnsinn

 

ja wölfisch,

immer wölfischer

heult es

aus der wolfsschlucht    

 

 

**

 

(frei nach Titus M. Plautus 254-184 v.Chr.

„Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen (...)“

in der heutigen übertragenen Bedeutung „Der Mensch ist des Menschen Feind“)

 

(Oktober 2015)

 

AM ENDE DER VERGANGENHEIT ...

 

heute gingen wir hinter dem ersten

in still

in schwarz

die alten kumpel von einst

 

heute gingen wir hinter dem ersten

und die vergangenheit

kam uns entgegen

sie flackerte auf und flammte empor

so nahe und jetzt

so schier unvergänglich

und fühlte sich an

wie ohne zeit dazwischen

 

heute gingen wir hinter dem ersten

und die vergangenheit ---

 

„bis dann demnächst“

raunte sie noch zage,

entschwand

und ließ uns mit ihr allein ...

(Mai 2015)

 

UND DAS DUELL

DUELLIERT WEITER

 

Was das Leben

so auf einen abfeuert,

heimtückisch

aus dem Hinterhalt!

Wie es dich

ins offene Messer laufen lässt,

ruchlos ungeschminkt!

 

Frage:

Warum gerade ich?

GegenAntwort:

Warum gerade ich NICHT?

 

Und das Duell

duelliert weiter –

jegliche Fahnenflucht

ist

Sackgasse

 

(März 2015)

 

STATISTEN

 

sind einfach nur da

füllen auf -

ein stück dekor in massenszenen

 

als krethi angeschwemmt

als plethi fortgespült

und beim schlussapplaus 

immer schon längst

abgeschminkt    

(Februar - 2015)


TIMEOUT

 

So dann und wann

hör ich in die Stille,

was sie mir erzählt /

so ab und zu

schau ich die Wand an,

geradewegs vor mich hin

 

So ab und zu

bin ich auf Freigang,

planlos à la carte /

denn so dann und wann

ist dieses Nichts

mein Alles und mehr


(Januar 2015)

 

 

  ZELLENSPUK

 

stählern und schwer schnappt sie zu

die tür ohne klinke

hinter jemandes gewissen ...

 

und jener eine fatale tag

lugt

jede nacht

als mond durch das gitterfenster

-

und jener eine augenblick

erlebt sich

immer wieder

als tropfen-für-tropfen aus dem wasserhahn

 

und dieses eine gesicht

dieses ahnungslose

lauert

verschwommen im grau der kahlen wändei

-

und dieser eine name

dieser jäh unvergesslicher

hallt

als echo hinter jedem einzelnen gedanken

 

 

(November 2014)

 

SOLITÄR

 

da ist nur dieser briefkasten,

nur dieser mülleimer,

ohne gesicht, ohne stimme -

einfach nur da

 

ein leben

rund.he.rum ab.ge.holzt

ein.ge.i.gelt 

die welt ausgesperrt

 

stirbt sogar den tod

für niemanden,

nur bürokratisch,

datum / uhrzeit / ort / beglaubigt -

eine nummer im register

als nachruf  

(August 2014)

 

VON EINEM DER AUSZOG,

die Welt zu verbessern ...

 

Bibliotheken

Sie krümmen sich

Unter Dichtern und Denkern

Friedhöfe

Sind ausgebucht

Von Revolutionären und Avantgardisten

 

Doch nach der Daily Soap

Geht die Tagesschau

Tag für Tag

Zu den Tagesthemen über

 

(August 2014)

 

DENN ICH GING DER SONNE ENTGEGEN

 

Und meine Pupillen sie blinzelten / zu hell war

es / so sah ich nicht die verdörrten Kontinente,

die hungernden Ausgehungerten / ach so weit

weg / sah nicht die zerbombten Städte mit ihren

Verwundeten, Geschändeten / nicht die Slums

in elendiger Verwahrlosung / zu grell war das

Licht / aber auch zwei Schritte vor mir sah ich

 

nicht die Stapfen der Heuchler, der Mächtigen

aller mächtigen Macht / ich ging ja der Sonne

entgegen / konnte so nicht den billigen Sherpas

folgen, den keuchend Ausgeschöpften / denn wie

betrunken war ich / hörte nicht die Selbstgeilheit

aller Raffker, die Regeln ihrer abgekarteten

Spiele / die Pupillen, sie schmerzten / ich trat

in die Fußfallen der Lobbyisten, stolperte blind

 

über die Spinnennetze prallvoller Kartell-Säcke /

so lichtbesoffen / und zu laut das Geläute aller

Kathedralen / zu leise das Gebet ihrer Braven,

den Gottesfürchtigen in den Fesseln der heiligen

Doktrinen und Dogmen / zu grell war das Licht /

zu ohrenbetäubend, um den Menschen zu sehen, 

den Menschen, den Kern des Mittelpunktes / denn

ich ging ja, ich ging der Sonne entgegen / geblendet

 

 

(Juni 2014)

 

GNADENTOD

  

auch

die letzten wehen

fragen sich

im vor-dem-nachher:

ist der hund

nur

hund

oder der mensch

immerhin

mensch

?

 

zur antwort

pfeife ich

auf jeden würdebegriff,

lerne

scharren und bellen –

möchte mir doch

diese pergola

zum nach-dem-vorher

in bester erinnerung

erhalten

!

(Juni 2014 )

 

IM ALLEINGANG

 

Knicke den letzten Ast

Die letzte Orchidee

Verscheuche den letzten Schmetterling

Das letzte Zutrauen

Knebele das letzte Lächeln

Erschieße den letzten Arlecchino

 

Da hisst der Weltuntergang die weiße Fahne

Und zieht sich geschlagen zurück -

Haben sie’s also doch

Von alleine geschafft

(April 2014)

 

INTERMEZZO 

 

Als Quintessentia vernebensächlichte

Kluge Worte zum Pausenclown wurden

Und Ballermännisches zum Quantensprung

 

Als ein À-côté universelle Fliehkraft erreichte

Aphrodite ruchloses PinUp-Girl ward

Die Defizite im Überschuss steckten

Es Friedensnobelpreise überhaupt noch geben musste ---

 

Ach, damals hatte ich wohl achtlos

Vor mich hin gezappt

Und war halt kurz

Im Leben gelandet

(Februar 2014)

 

AUSGESCHIRRT UND ABGEZÄUMT

 

Ruheständler,

Kommst du

Zum alten Arbeitsplatz ....

 

neue Gesichter

neue Gespräche

neue Geselligkeiten

neue Gemüter

neue Geschicke

neue Gewebe

neue Gepflogenheiten

neue Getriebe

neue Gespanne

neue Gesinnungen

neue Gewichtungen

 

... und du irrst als Fremdling

In eigener Vergangenheit

 

(Dezember 2013)

 

GEFANGENEN-CHOR

  

VA, PENSIERO, SULL'ALI DORATE ...

SCHWEB' HIN, GEDANKE DU,

AUF GOLDENEN SCHWINGEN ...

 

Nicht auf Steinboden

Liegen wir hier

Nicht in muffigen Rattenecken

Aber eingeschlossen in Gewohnheiten

Eingekerkert in Status

Gefesselt an Was-sollen-die-Leute-denken

Angekettet an Schein

Versteinert in Maskeraden

 

VA, TI POSA SUI CLIVI, SUI COLLI ...

FLIEG UND LASS’ DICH NIEDER

AUF DEN HÄNGEN UND HÜGELN ...

 

Und dann nimm Reißaus

Kratze die Kurve

Brenne allen durch!

 

(Dezember 2013)

 

NIE IST MAN KLÜGER ...

  

... als eine Minute zu spät

Weiß diese Minute doch ganz genau

Was man gerade eben hätte erwidern können

Wie man doch hätte kontern sollen

Womit man eins hätte draufsetzen müssen

 

Ob gelinde oder burschikos

Hochtrabend oder bauernschlau –

Jedenfalls hinge jetzt ein Skalp mehr

Als Trophäe an deiner Wand

 

Doch nie ist man klüger

Als eine Minute zu spät

Und immer komme ich keuchend

Keuchend außer Atem auf den Bahnsteig

Und sehe den Zug nur noch von hinten

 

(Dezember 2013 

 

DAS KIND IM KINDE

  

Unantastbar sind der Kinder Rechte

Das Recht auf Herumalbern

Das Recht auf Schrammen, Dreck und Beulen

Das Recht auf Faulenzerei

Das Recht auf Nein-jetzt-nicht

Das Recht auf Langeweile

DAS URRECHT AUF EINFACH-NUR-SO

 

Doch wird diese Eintrittskarte zum Leben

Öfters schon an der Garderobe

Mitabgegeben

 

(Dezember 2013)

 

ÜBER DIE BAHNSCHWELLEN

 

Neue Züge auf alten Gleisen

Kommen nur dorthin

Wo alle schon waren –

Aber schneller

 

Alte Züge auf neuen Gleisen

Brauchen zwar ihre Zeit

Führen aber in ein Land

Wo Farben

         Noch nicht verblasst sind

Tage

         Noch nicht verlebt

Worte

         Noch nicht versagt

 

(November 2013)

 

ICH UND DIE ANDERN

  

Pech Desaster Unheil,

Widerfährt nur den andern -

Drama Not Schrecknis,

Gräuliches Vokabularium

Nur vom andern Ende der Welt

 

Traf nun so einen Andern

Einen waschechten

Einen vom andern Ende der Welt

Traf nun so einen Andern

Der stimmte mir zu,

Voller Zustimmung zu –

 

(Und mich überfiel

Nacktes Schweigen)

  

(November 2013)

 

EIN JEDER BESTEHT NUR AUS SICH

 

Genau.

Und niemand aus einem anderen.

So ist jeder der Schlichteste

Der Rechtschaffenste

Der Alleinste

Und später einmal der Toteste

 

Ob Partyluder Abudabi-Scheich

Broadway-Tänzerin Hühnerdieb

Ein Jeder friert seine Kälte

Schwitzt seine Hitze

Ein Jeder erlebt in der Nacht

Nur die eine Dunkelheit

Die Dunkelheit um sich selbst

 

Jeder dreht

Im großen Kosmos

Als eigene Erdachse

(November 2013)

 

WEIß NICHT ... EINFACH SO !

  

Warum hast du den Regenwurm totgetreten

Den unbeteiligten?

Er versperrte dir nicht den Weg

 

Weiß nicht

Einfach so

 

Warum hast du den Fremden angepöbelt

Den mit Ausländerakzent?

Er nahm dir kein Sonnenlicht weg

 

Weiß nicht

Einfach so

 

Warum hast du das Mädchen vergewaltigt

Das lebensfrohe?

Es wollte doch nur nach Hause

 

Weiß nicht

Einfach so

 

Warum hast du den alten Mann zusammengeschlagen

Den ehrenhaft aufrechten?

Er bewies doch nur Zivilcourage

 

Weiß nicht

Einfach so

 

Warum hab ich dieses Gedicht geschrieben

Genau eben dieses

Wo es schon Millionen andere gibt?

 

Warum?

Weiß nicht

Na ja ... vielleicht einfach so

(Oktober 2013)

 

ZEIT

 

Da schwirren sie umher

Die überschwappenden Kehlen

Der Juventas

Schrill und keck

In luftigem Blond

 

Nur kurz erfasst

Der Schnappschuss des Augenblickes

Ahnungslos

Die Bedächtigkeit

Die sinnige die angejahrte

Auf einem Stock -

Unscharf und stumm

Denn weit entfernt

Und doch so nah

 

(Oktober 2013)

 

NOCH IST ES NICHT ZU SPÄT

 

Noch ist es nicht zu spät

Nach den Malediven zu reisen

Um Perlen zu fischen

 

Noch ist es nicht zu spät

Krokusse zu pflanzen

Um die Natur zu erweitern

 

Noch ist es nicht zu spät

Die Wellen zu brechen

Um die Muscheln am Strand zu retten

 

Noch ist es nicht zu spät

Den Wind zu streicheln

Um fernes Land zu spüren

 

Noch ist es nicht zu spät

Die Sterne zu sammeln

Um die Unendlichkeit zu begreifen

 

Noch ist es nicht zu spät

Einfach nur zu lächeln

Um das MenschSein zu bewahren

 

Noch ist es nicht zu spät

Nach Maledivia zu reisen

(September 2013)

 

SAG, WIE HAST DU'S DENN MIT DIR ?

  

Betrachte ich meine Goldfische

Sie schnappen sich durch das Aquarium

Ein Lebenlang

Unbedarft

 

Höre ich meine Papageien

Sie plappern sich durch den Tag

Ekstatisch kunterbunt

 

Und auch ich bin wie ich bin

Wollte auch niemals anders werden

Denn eben dieser anderen gibt es

Grob geschätzt

Schon mehr als zur Genüge

 

Sollte ich vielleicht eine Maske tragen

Nur der Sensations-Kür wegen?

Vielleicht Kreide fressen

Um neue Freunde zu erjagen?

Eine Rolle lernen

Um mit Rückenwind

Mich durchs Leben zu schlagen?

 

Ich betrachte meine Goldfische

Die Unbedarften

Ich höre meinen Papageien zu

Den Kunterbunten

Und auch ich bin nur wie ich bin

Mal so und mal so

Aber stets und immer

Wenigstens

ICH

(September 2013)

 

BRUTUS, AUCH DU ?

 

Freundschaft

Von Blattläusen befallen

 

Ehemals in Stein gemeißelt

Fest verzinst

Und Pferde gestohlen

 

Freundschaft

In Krümeln zerbröckelt

 

Den Dolch, den siehst du nicht

Hörst aber weit draußen

Den Hahn

Der zum dritten Mal kräht

 

(August 2013)